„Good morning, Canada“ – Montag, 30. Juni 2014

Ich erwachte mit einem „komischen“ Gefühl im Kopf – es sollte mich die nächsten paar Tage noch begleiten und kann sicher unter dem Thema „Jetlag“ abgelegt werden.

Wir trafen uns mit Käthi zum Frühstück und profitierten von der riesigen Auswahl: Am Buffet konnten Omeletten bestellt werden, persönlich für jeden gebacken, aus einer Auswahl von mindestens einem Dutzend Zutaten konnte ausgewählt werden. Marco, er schien die Zeitverschiebung am besten weggesteckt zu haben, machte sich seinerseits am Buffet zu schaffen und versuchte sich mit dem Waffeleisen. Am ersten Tag war das fertige Produkt noch etwas gewöhnungsbedürftig da mit dem dazugehörenden Sirup etwas gar süss.

Käthis Nachfragen an der Reception, ob ihr Koffer denn schon angekommen sei, ergab leider kein positives Resultat. Somit begann die Telefon-Odyssee: X Anrufe hat Marco getätigt um erstens in Erfahrung zu bringen, dass der zuständige Lost and Found-Beamte seine Arbeit tatsächlich erst um 11.15 Uhr aufnehmen wird und zweitens, dass Käthis Koffer mit grösster Wahrscheinlichkeit kanadischen Boden noch nicht erreicht hatte.

Mit diesem Wissen bestellten wir den Shuttle-Bus nach Airdrie zur RV-Station. Bereits auf diesen 16 Kilometern-Transfer bekamen wir einen ersten Eindruck von den Weiten unseres Gastlandes.

RV abholen

Die RV-Übernahme war für Marco Routine, wie alles was mit unserem mobilen Zuhause zu tun hat: die Erfahrungen unserer Reise vor 8 Jahren durch den Südwesten der USA hat er wohl noch nicht vergessen. Einzig dass die Führerkabine schmaler ist als der Wohnteil ist gewöhnungsbedürftig.

Als nächster Punkt stand der erste Einkauf auf dem Programm: Zum Glück sind wir 4 Wochen und v.a. zu 5, später zu 4 mobil unterwegs, denn die Einkaufseinheiten für gewisse Produkte sind für Kurzaufenthalter eher schwer zu bodigen. Käthi staunte nicht schlecht, dass wir den, ebenfalls überdimensionierten, Einkaufswagen bis über den Rand hinaus füllen konnten. Einzig die nie zur Standardausrüstung eines RVs gehörende Toilettenbürste liess sich nicht finden, da in diesem Laden nicht im Angebot.

Irgendwie und von irgendwem haben wir erfahren, dass in Airdrie ein Rodeo stattfinden soll. Da wir immer noch guten Mutes waren, Käthis Koffer innerhalb der nächsten 24 Stunden doch noch habhaft zu werden, entschieden wir uns, in der Region zu bleiben und diesen Anlass zu besuchen. Es wurde uns, obwohl Provinz und nur eine Woche vor dem berühmten Calgary Stampede, ein sehr gutes Teilnehmerfeld versprochen.

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Wir machten uns auf die Suche nach dem nicht zu übersehbaren Rodeo-Ground und fanden ihn auch eher zufälligerweise. Ein freundlicher Campingground-Guard erklärte uns, dass wir am richtigen Ort seien und wies uns einen Standplatz zu.

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Wir sollten zu den wenigen Touristen zählen, die diesem Anlass beiwohnen wollten. Erste Zweifel überkamen uns, auch wirklich den richtigen Anlass ausgesucht zu haben, denn um 17.00 Uhr waren die Parkplätze noch leer, weitere RVs nicht in Sicht. Da wir unsere Gastgeber, spricht Campground-Guards, nicht vor den Kopf stossen wollten, glaubten wir ihren Beteuerungen, eine wirklich gute Entscheidung getroffen zu haben mit unserem Entschluss, diesen Anlass zu beehren.

Und dann ging es schnell: SUV reihte sich an SUV, Trucks mit Pferden, Bullen, Kälbern und anderen Tieren fuhren an unserem RV vorbei zum Rodeo Ground. Unsere Bekleidung entlarvte uns sofort als Touristen, war der grösste Teil der Rodeobesucher doch dem Anlass entsprechend gekleidet, der Rest sprach wenigstens das dem Landesteil entsprechende Nordamerika-Englisch.

Pünktlich zum Rodeobeginn um 18.00 Uhr waren die Ränge gefüllt, die von vielen mitgebrachten Campingstühle aufgestellt, die Spannung erreichte einen ersten Höhepunkt als mit den Landeshymnen Kanadas und der USA der Anlass offiziell eröffnet wurde (live gesungen notabene).

Käthi hatte zum Glück schon Rodeos besucht und konnte uns die eine oder andere Erklärung geben. IMG_2043Die gerittenen Disziplinen waren Bull Riding, Barrell Race, …. Faszinierend die Kraft der Tiere, der Mut und in gewissen Disziplinen die Eleganz der Cowboys. Und was das Teilnehmerfeld betrifft: es war wirklich sehr gut besetzt: mehrfache Rodeo-Sieger erwiesen die Ehre, welche im Laufe ihrer Laufbahn schon mehrere Millionen Dollars an Preisgelder gewonnen haben. Zudem machten rund 20 Rodeo Queens und Princesses die Aufwartung – einen Teil von ihnen hatten wir am Morgen beim Frühstück angetroffen, mit für uns Europäern eher ungewöhnlichen Lockenwicklern im Haar. Und: Wir hätten nie vermutet, dass wir hier Queens & Princesses vor uns hätten.

Um die Kinder schon möglichst früh an die Wettkampfatmosphäre zu gewöhnen, werden spezielle Wettkämpfe für sie angeboten: die Kleinsten mussten Schafen hinterher rennen und ihnen ein am Schwanz befestigtes Papierband wegreissen, die Grösseren traten in 3 er-Teams an, wobei ein Teammitglied versuchen musste, auf ein nicht wirklich zahmes Pony aufzusteigen. Es gelang nur einem Kind, die meisten liessen sich an dem Führstrick durch die Arena ziehen.

Zwischen den einzelnen Disziplinen hatte ich immer wieder Zeit um Leute zu beobachten. Zum Thema Cowboy noch folgenden Nachtrag: sie tragen ausnahmslos Hemden (bei Rodeoteilnehmern auch Pflicht), ihre bevorzugte Jeans-Marke ist Wrangler (vor allem Rodeobesucher tragen sie mit Bügelfalte) und ihr Gang entspricht eben dem eines Cowboys.

Nach rund 3½ Stunden wurde der letzte Sieger verkündet, die Campingstühle wieder zusammengeklappt und der Heimweg angetreten.

Wir hatten eine eher laute Nacht vor uns, da die jungen Besucher bereits jetzt mit den Feiern zum Canada Day (1. Juli) beginnen wollten.